Von dem Glauben und dem Zwang, etwas tun zu müssen. Der tägliche K(r)ampf mit dem Müssen.

Damit meine ich nicht das, was wir eigentlich meinen, wenn wir sagen: „Ich muss mal.“ Es geht hier nicht um den obligatorischen Toilettengang. Sondern um das „Ich muss noch jenes erledigen, dorthin gehen, dieses unbedingt machen“.

Was schätzt du, wie oft pro Tag du denkst und glaubst, etwas tun zu müssen?

Einmal, zehnmal, hundertmal oder vielleicht gar nicht?

Ich weiß nicht, wie oft das ist – es wäre mal eine interessante Erhebung, bei jedem „Ich muss“-Gedanken eine Strich auf die Liste zu setzen. Das Schwierige ist allerdings, dass diese fiesen Gedanken oft so subtil sind und nicht mit einer „Achtung, Achtung, ich bin ein Stressgedanke“-Fahne wedeln. Eher tarnen sie sich mitunter als Frau Holle, die locker, flockig ein paar Goldtaler vom Himmel schüttelt. Ja-ha! Aber erst musst du noch dieses und jenes tun und wenn du das gemacht hast, dann wird als Belohnung an der Wolke geschüttelt. Und ganz, ganz vielleicht fallen dann für dich auch ein paar Taler ab.

In meinem Buch „endlich enttäusch“ habe ich bereits darüber geschrieben und das Kapitel „Wir sollten mehr wollen dürfen“ genannt. Und ähnlich wie in dem Buch greife ich es heute auf, denn der tägliche K(r)ampf mit dem Müssen ist etwas, das mir in meinen Einzelcoachings sehr häufig begegnet. Und was ich bei mir auch nur allzu gut kenne.

Was musst du alles?

 

Vielleicht magst du gerade mal innehalten, eine Frage auf dich wirken lassen und schauen, was da alles in dir hochkommt.

Die Frage lautet: Was musst du alles?

 

 

 

 

 

Falls du nicht innegehalten hast, glaubtest du vielleicht, du musst weiterlesen?

Oder glaubtest du, du musst innehalten?

Vielleicht ist es weder noch.

Vielleicht lässt du einfach geschehen, frei von allen Zwängen.

Gratuliere!

Wir alle haben diese Müssen.

 

 

Was sind deine größten „Müssen“?

Musst du morgens aufstehen?

Musst du arbeiten gehen?

Musst du auf Toilette gehen?

Musst du irgendwann sterben?

So unter uns, ich glaube das stimmt nicht.

Ich glaube, du musst gar nichts.

Was genau steckt hinter der Bedeutung „müssen“?

Der Duden sagt dazu unter anderem:

  • einem [von außen kommenden] Zwang unterliegen, gezwungen sein, etwas zu tun; zwangsläufig notwendig sein, dass etwas Bestimmtes geschieht
  • aufgrund gesellschaftlicher Normen, einer inneren Verpflichtung nicht umhinkönnen, etwas zu tun; verpflichtet sein, sich verpflichtet fühlen, etwas Bestimmtes zu tun

Einen von außen kommenden Zwang, sich verpflichtet fühlen.

Wenn du also denkst und glaubst, du müsstest irgendetwas tun oder unterlassen, dann fühlst du dich verpflichtet, einen von außen kommenden Zwang zu erfüllen.

Müssen suggeriert: Du hast keine Wahl!

Und das meine Liebe, mein Lieber, ist nicht wahr. Niemals.

Denn einer gesellschaftlichen Norm zu folgen, ist eine Wahl.

Sich dem Stress vom Chef zu beugen, ist eine Wahl.

Auf Toilette zu gehen, ist eine Wahl.

Was wählst du?

 

Kennst du ein Beispiel, eine Situation, in der es wirklich, wirklich keine Wahlmöglichkeit mehr gab?

Was ich häufig höre ist: Ich muss irgendwann sterben.

Meine Antwort lautet: Nein, das musst du nicht.

Du wirst (sehr wahrscheinlich) irgendwann sterben. Aber das hat mit Müssen nichts zu tun.

Das es nichts Totes auf der Erde gibt, sei jetzt mal außer Acht gelassen. Das da gar kein „Ich“ ist, das sterben kann, ebenso.

Du sagst ja auch nicht: Ich muss jetzt atmen.

Du atmest einfach.

Es geschieht.

Daher gibt es auch nichts zu entscheiden, daher gibt es auch kein Müssen.

Du entscheidest nicht, ob du stirbst.

Du lebst. Und irgendwann stirbst du.

Es geschieht.

Du musst gar nichts

 

Wenn ich in so einem Muss-K(r)ampf feststecke, dann zieht mich das manchmal ganz schön runter. Ich werde zum Opfer meiner Gedanken. Ich weiß gar nicht, wo diese Gedanken herkommen, sie sind einfach da und stressen mitunter enorm. Ich verkrampfe dann zuerst gedanklich und dann körperlich.

Ich muss aufräumen, putzen, einkaufen, arbeiten, telefonieren, freundlich und aufmerksam sein, Ideen umsetzen, E-Mails beantworten und essen und trinken auch noch. Und am besten alles auf einmal. Es ist ja unendlich. Wie soll ich das alles heute noch schaffen?

Ja, von wegen!

Wenn ich mal wieder in so einem Muss-K(r)ampf feststecke, dann sage ich mir ganz klar und sehr liebevoll:

Du musst gar nichts! Ich – muss – gar – nichts – Punkt.

Ich muss nicht meditieren.

Ich muss nicht so sein wie Guru XY.

Ich muss nicht perfekt sein.

Ich muss nicht angst-, wut-, und verurteilungsfrei sein.

Ich muss nicht aufräumen.

Ich muss nicht essen.

Ich muss diesen Artikel nicht fertig schreiben.

Und dann wird es langsam ruhig.

Ich atme liebevoll und sanft in mein Herz und schließe die Augen.

Ich muss gar nichts.

Und es wird immer stiller in mir.

Stille

 

Und aus dieser Stille entsteht das, was ich möchte.

Ich spüre, was ich will. Und es fängt wieder an zu geschehen, was geschieht.

Ich räume auf, ohne den Gedanken des Müssens. Ich meditiere, ohne den Gedanken des Müssens. Ich schreibe diesen Artikel fertig, ohne den Gedanken des Müssens. Ohne den Gedanken, er muss perfekt sein. Es geschieht einfach, die Wörter fließen durch mich hindurch, ich muss gar nichts dafür tun.

Außer es geschehen zu lassen.

Und auch das muss ich ja nicht tun, denn es ist meine Wahl.

Ich will.

Marius Schäfer

Marius Schäfer

Persönlichkeits-Coach

Durch meine eigene Lebenskrise habe ich begonnen, mich damit auseinanderzusetzen, wie ich positive Veränderung in meinem Leben hervorrufen kann. Meine Erfahrungen teile ich hier mit dir.

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